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27. Oktober 2011  

Steht Wikileaks vor dem finanziellen Aus?

Ein Überblick und einige Infos zu Spenden
 

Infolge der andauernden (und rechtswidrigen) Blockade durch wichtige US-basierte Firmen, über die eine Finanzinfrastruktur z.B. für Spenden normalerweise läuft (u.a. Visa, MasterCard und PayPal), steht Wikileaks nach eigenen Angaben möglicherweise vor dem Aus. Durch die Blockade seien 95 Prozent der Einkünfte weggebrochen und Spenden in "Millionenhöhe" ausgeblieben.

Wenn sich die Situation nicht kurzfristig entspannt und die Blockade nicht durchbrochen werden kann, müsse die Seite zum Ende des Jahres dichtmachen, sagte Julian Assange am Montag. Wikileaks hat seit Montag die Publikationstätigkeit vorübergehend eingestellt, um sich auf die Beschaffung finanzieller Mittel zu konzentrieren.

Bleibt es dabei, dann wäre die Rechnung der maßgeblichen Akteure eines politisch-ökonomischen Kartells in den USA aufgegangen, die Whistleblower-Plattform zum Schweigen zu bringen.

Angriffe von außen und innen

Die Website hat ihrerseits weiterhin mit schweren Cyber-Angriffen zu kämpfen – etwas, gegen das ansonsten ja von staatlicher Seite sehr rigoros vorgegangen wird, gerade auch wenn oben genannte Firmen die Opfer sind (vgl. Wikileaks ohne Stopschild und die Updates).

Schon seit geraumer Zeit ist Wikileaks als technisches System auch infolge der Sabotage von Servern und der anonymen elektronischen Posteinwurfbox durch den ehemaligen Mitarbeiter Daniel Domscheit-Berg kastriert, so daß Leaks nicht mehr gefahrlos auf elektronischem Weg übermittelt werden können. Erstaunlicherweise zieht Domscheit-Berg (der das Dropbox-System im Rahmen einer eigenen Leak-Plattform verwenden will) ausgerechnet Bedenken zum mangelnden Quellenschutz als Begründung dafür heran, die von ihm ebenfalls "mitgenommenen", bisher unveröffentlichten Leaks nicht zurückgeben zu wollen (darunter angeblich Interna der Bank of America, 60.000 interne NPD-Emails [hallo VS!] und die vollständige No-Fly-Liste der USA). Inzwischen sind diese insgesamt über 3.000 Leaks, die in verschlüsselter Form vorlagen für die Domscheit-Berg kein Paßwort hatte, von ihm nach eigener Aussage gelöscht worden. Wikileaks bezeichnet das Material als hochbrisant und den Verlust als unwiederbringlich, Domscheit-Berg bestreitet das. Wie auch immer: Klar ist, wer am Ende davon profitiert hat.

Unterdessen droht Julian Assange nach wie vor die Auslieferung nach Schweden in einem dubiosen, inszeniert wirkenden Fall mit ziemlich vielen Ungereimtheiten. Daneben gärt auch ein mögliches Verfahren in den USA, wo ein geheimes(!) Geschworenengericht in Virginia (dem Staat mit dem CIA-Hauptquartier) an einer Anklage wegen Spionage bastelt. Wie John Pilger schreibt, sollen angeblich bereits Gespräche mit Schweden bezüglich einer Auslieferung in die USA laufen – ein mögliches Indiz dafür, daß Schweden hier nur die Rolle einer Marionette übernimmt und den "Snatcher" für die Amerikaner spielt. Auch diese (und weitere) juristischen Kämpfe behindern und schwächen Wikileaks, nicht zuletzt finanziell.

Spenden

Wikileaks ruft dringend zu Spenden auf. Wer also grundsätzlich immer schon mal spenden wollte, sollte es jetzt tun. Auch der Erwerb von "Fan-Artikeln" kann zur Unterstützung beitragen.

In Deutschland kann über die Wau-Holland-Stiftung (WHS) gespendet werden, die dem Chaos Computer Club nahesteht. Spenden können steuerlich geltend gemacht werden (vorerst noch*). Alle wichtigen Infos natürlich auch bei Wikileaks.

* Das FA Kassel hat, rein zufällig kurz nach Beginn der Blockade-Kampagne, eine Überprüfung der Gemeinnützigkeit der Stiftung eingeleitet. Die Entscheidung steht noch aus. Vorausgegangen war eine Anfrage, ob Transaktionen an Wikileaks gegangen sind. Die WHS hat inzwischen ihren Sitz von Kassel nach Hamburg verlegt (s. ersten Link, Abschn. "Financial Blockade: Chronology").

   

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