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6. August 2006  

Israel skizziert seine Wunschtruppe für Libanon

Israel skizziert seine Wunschtruppe für Libanon
Das Spiel mit dem Feuer in Nahost

von Daniel Palloks

Während ihre Luftwaffe wieder massiv Bomben auf libanesische Städte wirft (ohne allerdings die Hisbollah damit merklich zu “entwaffnen”), diktiert die israelische Regierung immer offener und detaillierter die Bedingungen und Ausstattung der von ihr geforderten “internationalen Friedenstruppe”: Mindestens 15.000 Mann sollten es sein, stationiert im Süd-Libanon; echte Kampfeinheiten, die in der Lage sein sollen, “UN-Resolutionen zu implementieren” – nein, natürlich nicht jene über 30 Resolutionen, die Israel bisher straflos ignoriert hat. Allein diese Forderung ist an Zynismus schwer zu überbieten. Aber am deutlichsten wird der Charakter der anvisierten Mission, wenn Herr Olmert sich auch nach deren Stationierung das Recht vorbehält auf weitere Hisbollah-Angriffe gegen “unsere Soldaten oder Städte” zu “reagieren”.[1]

Und die Ankündigung Israels, den Libanon so lange weiter einzuäschern, bis die “Friedenstruppe” kommt, ist schwerlich anders zu werten denn als Akt der Erpressung mit dem Pfand eines Viertels der libanesischen Bevölkerung, das mittlerweile auf der Flucht ist, der mittlerweile fast 1000 toten und über 3000 verwundeten Zivilisten und der fortwährenden unglaublichen Zerstörungen.

Ehud Olmert hat nun auch Deutschland ganz direkt aufgefordert, sich zu beteiligen, denn es gebe zurzeit “keine Nation, die sich Israel gegenüber freundschaftlicher verhält als Deutschland”.[2] – Hoffentlich hat George Bush das nicht gehört.

Doch wie soll Frieden geschaffen werden, wenn eine Seite, dazu die technologisch hoch überlegene, sich weiterhin Kriegshandlungen vorbehält und zur Durchsetzung ihrer Ziele (nämlich “Entwaffnung” der anderen Seite) ihre Freunde als Besatzer in das von ihr angegriffene Land holt? – Einmal mehr wird klar, daß die NATO- … Verzeihung, UN-Truppe dazu da sein soll, einseitig zugunsten Israels einzugreifen und ansonsten der israelischen Armee nicht in die Quere zu kommen – vor allem, sich nicht gegen sie zu stellen. Schlicht und einfach also eine de facto Verstärkung Israels in diesem Angriffskrieg.

Eskalationen

Die “Entwaffnung der Hisbollah” mit militärischen Mitteln dürfte sich allerdings dabei als ebenso illusorisches Vorhaben erweisen wie die der Taliban in Afghanistan oder die Befriedung Bagdads bzw. Iraks – und Israels Strategen wissen das sicher auch. Damit ist also eine mittel- bis langfristige Präsenz der NATO in der Region sichergestellt.

Welche Eskalationen sich daraus ergeben können, ahnt man – wenn man es sich nicht sowieso vorstellen konnte – angesichts der Tatsache, daß Rußland jetzt auf den Plan tritt und zwei syrische Häfen ausbaggert, damit die russische Schwarzmeerflotte dort einlaufen kann. Gleichzeitig werden hochmoderne Flugabwehrsysteme installiert und u.a. Syriens eigene Luftverteidigung und Panzerflotte mit russischer Technik modernisiert, die speziell unter Wüstenbedingungen getestet wurde.[3] Und die USA liefern weiterhin modernstes Kriegsgerät an die Atommacht Israel. – Wie mag sich wohl die Regionalmacht Iran inmitten einer solchen Konstellation fühlen…

Propaganda und Verführung

Hierzulande rührt derweil der ehemalige Botschafter Israels, Avi Primor, kräftig die Werbetrommel für eine militärische Besatzungstruppe im Libanon, bei der deutsche Soldaten “unabkömmlich” seien. Das Tagesthemen-Interview mit ihm dazu ist ein Musterbeispiel für Propaganda und Manipulation, wie sie derzeit in den Mainstream-Medien größtenteils ablaufen (Moderatorin Anne Will: “Wenn das so ist, braucht Israel dann nicht wirklich [militärisch] Hilfe?”)[4]

Und für diejenigen, die immer noch zögern, reicht die Tagesschau diese Schreckensmeldung paßgerecht hinterher: “SZ berichtet über Ermittlungen: Führt Spur des Sprengstoff-Koffers nach Beirut?”[5] (Was der Text dann allerdings ziemlich relativiert.)

Wie wäre es denn mal mit Berichten über die von Israel im Libanon eingesetzten Phosphorgranaten, die Streumunition und chemischen Waffen, deren entstellte Opfer zunehmend die Kühlräume der Krankenhäuser füllen, liebe Tagesschau?[6,7,8]

[1] http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/5240872.stm

[2] http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID5775746_REF1_NAV_BAB,00.html

[3] Russia to defend its principal Middle East ally: Moscow takes Syria
under its protection
http://www.globalresearch.ca/index.php?context=viewArticle&code=IVA20060728&articleId=2847

[4] http://www.tagesschau.de/video/0,1315,OID5775684_RES,00.html

[5] http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID5777866_TYP6_THE_NAV_REF1_BAB,00.html

[6] Mysteriöse Todesursachen
http://www.telepolis.de/r4/artikel/23/23246/1.html

[7] Chemiewaffeneinsatz im Libanon? IPPNW fordert Erklärung
http://www.ippnw.de/article/060725_Chemiewaffeneinsatz_im_Libanon.html
(Internationale Ärzte zur Verhütung des Atomkriegs: Brief an Shimon Stein)

[8] Robert Fisk Reports From Lebanon on the Israeli Bombing of Qana That
Killed 57, Including 37 Children
http://www.democracynow.org/article.pl?sid=06/07/31/1435219

   
daniel | 10:27 | Aktuelles,Krieg und Frieden,Medien | | Druckansicht  




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